Documenta fifteen: Eindrücke

Documenta fifteen: Eindrücke

19/09/21: Alle 5 Jahre wieder - Documenta. Sonst gibt's wenig Anlässe für Kassel, aber dies ist einer, definitiv.

Und so begaben wir uns auf den Weg: meine Tochter Yamina und ich, kunstbegeistert und voll Erwartung. Wie würde es wohl werden? Das wollten wir wissen. 

Diese ist ja eine besonders konfliktbeladene Documenta. Keine, an die ich mich ich mich erinnern kann, hat je so viele Diskussionen im Vorfeld ausgelöst, besonders durch Werke, welche klar antisemitische Bilder, Symbole, Aussagen zeigten. Das Kuratoren-Team, die Gruppe Ruangrupa aus Indonesien, musste sich mit entsprechenden Fragen und auch Vorwürfen auseinandersetzen: Fahrlässigkeit? Ausreichende Transparenz? Verantwortung und Bewusstein dafür? Oder gar Absicht? Oder sind es die Vorwerfenden aus Politik, Medien und Öffentlichkeit und von Vertretern der jüdischen Gemeinden von uns als Gastgeberland, welche "verständnislos" seien? 

Kick-start of the day: angekündigt als "... kurze, 15-minütige Einführung in die Documenta fifteen u.a. mit den Kunstvermittler*innen sobat-sobat, Mitgliedern von ruangrupa, dem Künstlerischen Team, Akteur*innen des Kasseler Ekosistems oder Mitarbeitenden der Partner*innen...". >>> Schien uns ein guter Einstieg. Wie würden sie auftreten, diskutieren, sich äußern und zeigen?

Auf dem Podium Vertreter und Urheber strittiger Werke, z.B. von Taring Padi. Und sie sagten klar aus: Ihre politischen Ziele stünden klar voran, Kunst und was sie hier zeigten, seien lediglich Instrumente, um jene zu erreichen. Das Publikum: ihnen sehr aufgeschlossen, keine Widersprüche oder Diskussion. Dabei sind einige von ihnen nur sehr schlechtes oder kein Englisch sprechend und schwer verständlich, auch wenn man gutes Englisch spricht. Und: es wird nix aufgezeichnet, was schade ist, denn: wenn man sich um Dialog und gegenseitiges Verstehen bemüht, sind dann Transparenz und Nachvollziehbarkeit nicht sehr wichtig, auch für die Anwesenden, von denen manche nur schwer sich verständlich machen konnten? Wäre es nicht einfach, Aufzeichnungen anzufertigen und abzulegen? So bleibt diese Auftritt hier nur ein interner der eigenen Community.

Ihr Prinzip sei "lumbung" - die Scheune, das Erntehaus, in welchem man zusammenkäme, sich austausche und voneinander lerne, so wird im als "unverzichtbar" erklärten "Handbuch" der Documenta sehr ausführlich erläutert. Für jedes ihrer Prinzipien gibt es ein hübsches indonesisches Wort. Über allem postuliert: Freundschaft sei wichtiger als Kunst. Stimmt ja auch. Im krassen Gegensatz zu den Konflikten. 

Das Ausgestellte: Viel Zettelwirtschaft. Kreise, Notizen, kleine Botschaften, Skizzen und mehr. Zieht sich durch, wiederholt sich oft. 

Schaubilder, wie Systeme ("Ekosistem") funktionieren sollten, viel Text, fast schon Flugblattcharakter. Oft eher flüchtig: mit Kreide. Viel Copy. Sieht aus wie Infostände an Hochschulen, bei Bürgerinitiativen und anderen Kreisen. 

Auch mal große, interessante Bilder. Aber selten. 

Mitmacheinladungen: Die Besucher:innen sollen, können, dürfen, selber krickeln. Das kann schön sein, manchmal bleibt aber nur Abfall da. Was ja auch Aussagen ergibt.

Vieles ist wenig komplex oder gar rätselhaft, sondern eher einfach, fast schon banal. Zum Beispiel ein großer Fotocomic mit langatmigen Texten, wenig originell, simple Bilder, vollbärtige junge Menschen in weiblicher Garderobe zeigend. Die haben selbst bestimmt Spaß gehabt, aber uns als Betrachter langweilend, zumindest.

Erdkunde-Lehrfilme à la KiKa: z.B. Menschen am Berg beim Schneeschippen. Wellen am Strand mit umgekippten Bäumen. Gräser, Pflanzen, Steine. 

Abenteuerspielplatz WaKiTu.

Spaß haben wir in jedem Fall.

Wie konnte dieser Konflikt entstehen? War es Absicht, Bilder mit deutlich antisemistischem Inhalt auszustellen? Oder kannten sich die Kuratoren nur einfach nicht richtig aus mit den visuellen Sprachen, Zeichen und Symbolen, deren Kontexten und waren dieser nicht ausreichend, umfänglich mächtig? Dann hätte mindestens helfende Fürsorge von vor Ort mehr als deutlich gefehlt, um solch künstlerische, handwerkliche Fehler zu vermeiden. 

Denn so bleibt die Documenta erstmal beschädigt. Man kann gar den Eindruck gewinnen, sie sei nur "gekapert" worden. Von Leuten, denen ihre eigene Botschaft wichtiger schien als alles andere, was als Kuratoren ja vielleicht auch Teil ihres Auftrags war. Aber leider ohne Vor- oder Rücksicht, mit mehr Politikaktivismus als künstlerischem Gestaltungswillen. Was bleibt dann von "Friendship", von Verständigung, vom Prinzip des "lumbung"? Nur Vorwand? In jedem Fall ein Widerspruch. Schon schade.

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