Wie Kommunikation jetzt sein sollte

Wie Kommunikation jetzt sein sollte

06/08/20 Alles ist am Boden - schlägt jetzt die Stunde der kommunikativen Glücksritter?

Der Stand jetzt: die Wirtschaft stürzt ab, alles liegt am Boden, Unordnung, Chaos, Unsicherheit - so ist die Situation in vielen Unternehmen, in Städten und Gemeinden, in Haushalten und im Seelenleben vieler, wenn nicht der meisten Beteiligten. Wie soll es weitergehen, gibt es Hoffnung, Zuversicht, Aussicht auf eine Lösung oder mindestens Besserung? 

Jetzt schlägt ihre Stunde: Glücksritter, die schnellen Erfolg versprechen, neuen Umsatz, neue Kunden, neue Produkte und eine schnelle Besserung der Situation anbieten. Wie sehen ihre vermeintlichen Lösungen aus, mit denen sie Unternehmer ködern wollen?

1. "Algorithmen"

Nach Regeln: mit einer bestimmten Häufigkeit würden Ergebnisse fast sicher eintreffen. Man vermutet mathematische Sicherheiten, die aber oft nicht erklärt werden, vage und unsicher bleiben. Das Problem: Wir sind solche Aussagen von der Arbeit mit der Suchmaschine Google gewöhnt, akzeptieren sie und handeln danach. Obwohl wir auch dort die Regeln gar nicht genau kennen, nach welchen eine Website für ein bestimmtes Suchwort weiter vorn oder hinten angezeigt wird. Die gesamte SEO-Branche handelt nach solchen Mythen, die von Google befeuert werden. Mit kleinen Tipps, Andeutungen, Möglichkeiten in Blogs und auf Anfragen, welche das Basisset an technischen Anforderungen ergänzen. 

Und die Glücksritter haben hierfür neue Felder gefunden: vornehmlich in sozialen Netzwerken. Über die sie massenweise Mails und Nachrichten mit vermeintlich persönlichen Nachrichten an ihre "Targets", ihre Opfer schicken und ihnen die gleiche Methode als Lösung versprechen. 

2. "Naturgesetze", meistens: "Angst"

Der Mensch sei ein Wesen, das nach bestimmten biologisch vordefinierten Regeln handle. Diese gelte es zu triggern, dann folge mit Sicherheit ein bestimmtes Verhalten. Vornehmlich geht es um "Schmerzpunkte", also Punkte, an denen der Gegenüber in Bereiche gelangt, vor denen er oder sie Angst empfindet. Sie seien natürlich sehr viel komplizierter als alles, was man so gemeinhin in der Verhaltensforschung gelernt habe. Es wird dann gern auf "Botenstoffe" verwiesen, "Hormone", die durch den Körper fliessen und dann das gewünschte Verhalten auslösen. Praktisch klingt das und einfach.

zu 1. Algorithmen sind von Menschen gemacht und bauen auf der Vergangenheit auf

Ihre Schöpfer unterlegen ihnen Annahmen, z.B. über Gender, Race, Verhalten, Einstellungen, manchmal sogar Zielsetzungen. Diese formen die Ergebnisse und beeinflussen z.B. Rankings anhand der Erwartungen. 

Und: sie fussen auf gesammelten Daten bereits geschehener Ereignisse, mithin: der Vergangenheit. Welche sie in die Zukunft fortschreiben und daraus bestenfalls mögliche Entwicklungen ableiten. In sich schnell veränderten Zeiten, Umgebungen und Konstellationen muss dies unsicher bleiben. 

zu 2. Wir lernen. Und durchschauen Tricks. Besonders, wenn sie in großer Zahl auftauchen.

Ein Stimulus führt zu einer bestimmten Response - nichts anderes als dieser "alte Hut" wird behauptet, nur jetzt etwas komplizierter, mit ein wenig "Magic" gewürzt. Wann tauchen solche biologistischen Modelle meist auf? Wenn Erklärungen und Vertrauen fehlen, in die Gegenüber, einen selbst, das gesamte Environment, die Zukunft und  überhaupt. Daran gilt es zu arbeiten.

Die Gefahr: Wir beschädigen uns und unsere Glaubwürdigkeit. Dann nämlich, wenn die Betrügereien auffliegen. Wenn das "Ansprechen von Schmerzpunkten" oder andere vermeintliche "Naturgesetze" gelernt, erkannt und überwunden werden. Wenn Algorithmen nicht mehr gelten. Wenn alles sich weiter ändert und nichts mehr bleibt, wie es war und ist. Und wenn das erstmal eintritt, gibt es keine Basis mehr, um Beziehungen aufzubauen, langfristig nicht und kurzfristig ebensowenig. Was Kommunikation ja leisten soll. 

Alles kommt von einer Frage, einem Ausgangspunkt her: Was brauchen die Dialogpartner? Was brauchen alle? Welche Wünsche haben sie, welche Anforderungen, Zielsetzungen, Pläne? Darauf ist alles ausgerichtet. Daraus leitet sich alles ab.

Kommunikation soll helfen

  • ... langfristig Probleme zu lösen, Herausforderungen zu begegnen und sie zu überwinden;
  • ... überzeugen, indem sie Nutzen für beide Seiten klar und deutlich aufzeigt, über Ziele informiert, nicht verschleiert und trickst, sondern wahr und aufrichtig ist;
  • ... aufmerksam machen, indem sie deutlich ist und auffällt, indem sie die Sachen zeigt, die dem Gegenüber wichtig sind.

Das kann sie übrigens nicht leisten, wenn sie nur wiederholt, was alle anderen auch sagen oder bereits gesagt haben. Es hilft, Dinge anders als alle anderen zu formulieren und auszudrücken. Um so aufzufallen im großen Einerlei der Algorithmen und Biologismen - ein Lob der Kreativität, die Ungewöhnliches und Besonderes schafft.

In schwierigen Zeiten die richtigen Botschaften sagen

Das wäre Aufgabe von Institutionen wie den Kirchen, ist aber auch genau deren Problem: dass sie jetzt nur wenig Antworten geben, obwohl sie eigentlich "etwas" zu sagen haben sollten. Das übernehmen in Situationen wie diesen Unternehmen und Konzerne. Ein Beispiel: "You Can't Stop Us" von Nike. Sie vermitteln Sinn und schaffen damit Ordnung und Struktur in einer unaufgeräumten Welt. 

Ein anderes Beispiel: die Präsentation des neuen Logos für den isländischen Fußballverband. "For Iceland: A new identity for the Icelandic national soccer teams". Aus der Präsentation: "From the dawn of time, the protectors have watched over the land. Bull. Eagle. Dragon. Giant. They are symbols of the unfaltering solidarity and harmony of a nation that never recoils." Bewegend und aufregend, nah und verbunden, stark und gewaltig - ein komplexes Zeichen mit starken Aussagen und Bildern. 

  1. Weil es die eigene Glaubwürdigkeit stärkt und nicht beschädigt. (Immer vorausgesetzt, das Handeln und die gesamte Einstellung entsprechen den kommunizierten Aussagen.)
  2. Weil es den Gegenüber, die Dialogpartner und die Umwelt achtet, respektiert und und wertschätzt. Und so überzeugen kann und wirkt. 
  3. Weil es einfach (= funktionale, handwerkliche Kategorie), richtig (= moralische Kategorie) und recht ist (=soziale Kategorie).

Und weil so Vertrauen aufgebaut werden kann. Was letztlich die Basis aller Geschäfte ist. Woran es jetzt mangelt und was wir alle wieder brauchen. Gute Kommunikation kann und sollte das wieder aufbauen und herstellen. Keine Tricks. Just the truth. 

Media

Media

Have fun to explore.